Ein bisschen was über den Karpfen
Seit wann der Karpfen bei uns heimisch ist, kann man nicht genau sagen. Als das, was wir heute Deutschland nennen, christlich wurde, schwamm er wohl noch nicht in Germaniens Teichen und Flüssen. Der Geheimschreiber des Königs Theoderich scheint sich als erster auf Karpfen bezogen zu haben: Er beklagt sich, dass es auf der fürstlichen Tafel so wenig Delikatessen gäbe, vor allem fehle der Karpfen, der aus der Donau komme.
Das war wirklich die Heimat der europäischen Karpfen. Sie wohnten in den Flussmündungen im Kaspischen und im Schwarzen Meer, und die einen behaupten, schon Karl der Große habe ihn auf seinen Gütern in Teichen gehalten, die anderen meinen, erst der mittelalterlich lateinische Name, der in den Berichten über die Anlage des Deutschen Ordens bei Marienburg auftaucht, habe mit unserem Cyprianus, dem Karpfen, zu tun.
Auf jeden Fall haben sich die Mönche des Mittelalters des Karpfens und der Karpfenzucht aufgenommen. Sie haben entdeckt, dass er ein Allesfresser ist, „das Schwein unter den Fischen“ und ein geborenes Haustier. Die Engländer sagen: ein Wasserschaf, genügsam und geduldig.
Da die Klöster an allen Fastentagen und –wochen Fische brauchten, die sich leicht ziehen ließen und so groß wurden, dass sie viele Mönche satt machten, legten sie Fischteiche an.
Den Mönchen wird auch die Zucht der Spiegelkarpfen zugeschrieben: Die Fastenregel soll einen Fisch vorgeschrieben haben, der nicht über den Teller ragt.
Der Karpfen schmückt sich mit allem, was sich in Glauben und Aberglauben auf die Fische bezieht. In manchen Gegenden der Alpen hat die „Seele“, das unversehrte Grätengestell, als Orakel gedient: wenn man sie an die Stubendecke warf und sie dort im Gebälk klebenblieb, so kam der Silvesterfisch in 100 Jahren als goldenes Rössel wieder!
Der Karpfen ist zudem, wie jeder Fisch, ein uraltes Symbol für Wasser, für Leben und Erneuerung und Fruchtbarkeit. Früher war es Sitte, mit Vorliebe einen Rogner auf den Tisch zu bringen. Das verhieß Reichtum und Potenz, und oft bekam der Hausvater als ersten Happen den Karpfenkaviar mit ein paar Tropfen Zitrone serviert. Aber auch die anderen Gäste am Tisch konnten des Karpfenglücks teilhaftig werden: Wer sich eine Schuppe in die Tasche oder die Geldbörse steckt, der wird bis zum nächsten Jahr den Beutel nie leer finden.
Alexander Dumas, der französische Schriftsteller, behauptete, 200 Jahre alte Karpfen zu kennen, die noch Franz I. in die Teiche von Fontainebleau eingesetzt habe. Rauhes Klima liebt der Karpfen nicht: weder in Schottland noch in Russland hat die Zucht geklappt. Erst vor 100 Jahren sind die Karpfen nach Kalifornien und Australien gekommen und haben dort die Küstengewässer fast verseucht.
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