Vom Leben der Fische
Alles Leben kommt aus dem Wasser. Zu den ältesten Wirbeltieren der Welt zählen daher die Fische. Über einen Zeitraum von 350 – 400 Millionen Jahre haben die Forscher die Entwicklung von der Urform bis zu den heutigen Fischen erkundet.
Vielfältig sind die Arten und Formen der Fische. Sie leben in reißenden, klaren Gebirgsbächen wie in großen, trüben Strömen, in Ober- und Unterläufen der Flüsse, sie bewohnen die kleinsten Tümpel und Gräben wie die Weite der Weltmeere, die Teiche und Weiher, wie die gewaltigen Binnenseen. In den lichtlosen Tiefen der Ozeane sind sie ebenso zu Hause wie in Höhen von über 5000 Metern. Es gibt praktisch kaum eine Wasseransammlung, in welcher sie nicht ihre Heimat haben. Sie bergen sich in den Höhlen der Riffe, in den schwimmenden Tangwäldern, in den Laichkrautwildnissen, im Schlamm, Sand, unter Steinen und Felsplatten. Manche Arten sind träge Lauerer auf dem Grund, andere tummeln sich als schnelle Schwimmer in den verschiedensten Wasserschichten, die einen sind harmlose Schlammschaufler, Sandschieber und weidende Vegetarier, und die nächsten gierige, unersättliche Räuber.
Vielfältig wie ihr Lebensraum sind auch die Formen und Farben. Die Spindelform wandelt sich ab zu den abenteuerlichsten Gestalten. Bizarre Dornen, Flossenstacheln und Hautanhängsel dienen als Schmuck, Tarnung oder Waffe. Einigen zeigen Leuchtorgane den Weg durch die Dunkelheit der Tiefsee oder locken Beute damit an. Manche tragen Panzerplatten, Schuppenkleider und andere nur eine Schleimhaut. Tausendfältig ist die Pracht der schillernden Schuppen, der bunten Muster, Farbspiele und Ornamente. Neben Zwergen von einigen Zentimetern Länge, die mit wenigen Kubikmeter eines Tümpels vorlieb nehmen, gibt es Riesen, die mehrere Meter messen und mit ihren Wanderungen von Meer zu Meer schweifen.
Wesentlich lebhafter, erregter und kampflustiger sind die „kaltblütigen“ Fische in der Fortpflanzungszeit. In der Zeit der Geschlechtszellenreife treibt es sie, die günstigsten Laichplätze aufzusuchen. Manche Arten steigen aus der Tiefsee in höhere, wärmere Schichten, andere drängen in Golfe und Buchten, steigen in den Flüssen hoch, streben zielbesessen den Binnenseen, toten Flussarmen oder reißenden Gebirgsbächen zu. Umgekehrt verlassen andere wieder die Süßgewässer und wandern zum Laichen ins salzige Meer. Unwahrscheinliche Leistungen und gewaltige Strapazen lässt sie der gewaltige Trieb, der sie unerbittlich vorwärts peitscht und jegliches Hindernis überwinden. Aus den Scharen werden Tausende, Hunderttausende und Millionen Tiere, die jede Gefahr missachten. Ihre Augen leuchten heller als sonst, strahlender sind ihre Schuppenkleider und glühender die Farben. Alle Energien bis zum Erlöschen ihrer Kräfte setzen die eifersüchtigen Männchen ein, wenn sie um die Gunst der Weibchen kämpfen.
Die meisten der laichenden Fische stoßen die Eier und den Samen ohne Umstände ins Wasser ab. Viele jedoch wählen den Ort mit großer Sorgfalt, sorgen für einen sauberen Grund oder suchen einen dichtbewachsenen Winkel auf, wühlen Gruben und Mulden mit Schwanz und Flossen, errichten Nester aus Halmen und Steinchen, kleben die Eier an Steine, Holz oder winden die um Pflanzenstengel. Die meisten überlassen allesweitere dem Zufall, einige betreiben eine regelrechte Brutpflege, bedecken und befächeln den Laich und betreuen selbst noch die ausgeschlüpften Jungen.
Der kleine Bitterling kann sich nur fortpflanzen, wo die Teich- oder Flussmuscheln vorkommen. Mit der 4,5 cm langen Legeröhre kann das Weibchen die Eier einzeln oder paarweise in die Muschel befördern, in der sie sich in den Kiemenfächern verfangen. Die Samenmilch des Bitterlingmännchen gelangt über die Atemöffnung zur Befruchtung der Eier. Nach etwa 3 Wochen schlüpfen aus diesen gutbehüteten Eiern die jungen Bitterlinge, leben noch einige Tage vom anhängenden Dottersack und dann verlassen die Jungfische die schützende Muschel.
Das Stichlingsmännchen, das in der Laichzeit in einer Farbenpracht vom leuchtenden Grün bis zum tiefsten Blau und sattem Schiefergrau sowie feurigstem Rot erstrahlt, baut ein Nest von der Größe einer Kinderfaust. Dann geht es auf Brautschau, dirigiert das Weibchen zur Kinderstube und veranlasst es zur Eiablage. Den Laich bewacht und befächelt der sorgende „Fischvater“ 8-14 Tage, bis die Jungen schlüpfen. Diese werden noch bis zum Verbrauch ihres Dottersackes behütet, Ausreißer schnappt er mit dem Maul und spuckt sie ins Nest zurück.
Die männlichen Seepferdchen tragen die Eier in körpereigenen Bruttaschen aus, die Weibchen der Maulbrüter nehmen den Laich ins Maul, und etliche Fische bringen lebende Jungen zur Welt.
Die Fruchtbarkeit der Fische ist sehr hoch, ein Lachs legt etwa 20.000, der Heilbutt 3 Millionen und der Kabeljau bis zu 9 Millionen Eier. Mit diesen Unsummen von Lebenskeimen könnte jede Art alle erdenklichen Verluste ausgleichen. Aber der Mensch mit all seinen rücksichtslosen Fangmethoden, vor allem aber mit seinen chemischen und giftigen Verunreinigungen, hat es fertiggebracht, den Bestand vieler Fische zu dezimieren.
Gerhard Dagner -„fischwaid“- 8/82
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