ROTFEDER
Wissenschaftliche Bezeichnung: Scardinius erythrophthalmus
Weitere deutsche Namen: Gelbauge, Furn, Rodde, Roddow, Rotflosser, Rotkarpfen, Rotelen, Rötel, Schaul, Scharl, Schmalzfeder u.a.
Erkennungsmerkmale
Gedrungener, seitlich abgeflachter, im Alter hochrückiger Körper, mit großen, ziemlich festsitzenden Schuppen bedeckt. Das leicht oberständige Maul ist klein, die enge Maulspalte schräg nach unten gerichtet. Im Gegensatz zum Rotauge sind die Schuppen am Bauch zwischen Bauchflossen und Afterflosse nicht gerundet, sondern bilden eine scharfe Kante. Weitere Unterschiede zum Rotauge: Der Vorderrand der Rückenflosse steht deutlich hinter dem Ansatz der Bauchflossen, der Augenkreis ist nicht rot, sondern goldglänzend; Bauchflossen, After- und Schwanzflosse sind rot, an der Basis grau oder bräunlich, Rückenflosse und Brustflossen grau mit rötlicher Tönung. Die Färbung des Schuppenkleides wechselt: Der Rücken und die Oberseite des Kopfes sind dunkelbraun oder – blau, auch braun-grün, die Flanken glänzen gelblich, der Bauch ist silberweiß. Die Schlundzähne stehen in zwei Reihen (Formel: 3.5/5.3)
Lebensraum
In stehenden und langsam fließenden Gewässern, vorwiegend der Barben- und Bleiregion, fast in ganz Europa häufig vorkommender Schwarmfisch. Höchste Fundstelle in der Schweiz 1800 m ü.d.M. auch in den schwach salzhaltigen Buchten der östlichen Ostsee und im Brackwasser. Nach Osten über den Ural bis zum Aralsee, nach Süden bis Norditalien. In England und Irland häufig. Fehlt in Schottland, Island, an der Westküste Norwegens, in Nord- und Mittelschweden, auf Bornholm, in Spanien, auf Sizilien, Korsika und Sardinien und auf der Krim. In Mittel- und Süditalien und Dalmatien bis zum Aspropotamos lebt eine Unterart. In Südgriechenland kommt die langgestreckte Unterart Scardinius graecus vor. Kennzeichen: niedrige Stirn, Schuppen schwach dunkel umrandet, Flanken silbergrau, Bauch weiß.
Standplätze und Lebensweise
In Seen bevorzugen die Rotfederschwärme die Uferregion mit starkem Pflanzenbewuchs. Man findet sie am Gelege, in der Nähe von Krautbetten und Seerosenfeldern. Da die Rotfeder – im Gegensatz zur Plötze – nicht lichtscheu ist, steht sie überwiegend an der Oberfläche oder in den oberen Wasserschichten. Schwere Stücke suchen ihre Nahrung auch am Grund. In den Schwärmen sind Fische verschiedener Größe. Starke Rotfedern halten sich meist in der Mitte des Schwarms – vermutlich ein instinktives Verhalten zum Schutz gegen Raubfische. Starken Wind mit wechselnden Wassertemperaturen schätzen sie nicht, sie sind daher meist im ruhigen, geschützten Teil des Sees zu finden. Wenn sie Anflugnahrung (oder eingeworfene Brotstücke) nehmen, „kreuzen“ sie unter dem Wasserspiegel, wobei oft die Rückenflossen heerausragen. In Fließgewässern meiden sie lebhafte Strömungen. Sie stehen in tiefen Gumpen, in stillen, stark bewachsenen Buchten, auch wenn der Grund weich (schlammig) ist, an schilfbewachsenen Ufern, unter überhängenden Bäumen, überhaupt an schwer zugänglichen Stellen. Im Winter ziehen die Schwärme in tieferes, ruhiges Wasser.
Nahrung
Nach dem Aufzehren des Dottersacks lebt die Brut zuerst von tierischem Plankton. Später spielt pflanzliche Nahrung eine erhebliche Rolle (mehr als beim Rotauge). Unter anderem werden Laichblatt, Wasserlinsen, Wasserpest, Tausendblatt und Armleuchteralgen aufgenommen. Daneben auch Eintags- und Köcherfliegenlarven, Krebstierchen, Schnecken (vor allem Lungenschnecken) sowie Anflugnahrung. „Die Rotfedern fressen alles Verdauliche, so die von den meisten Fischen verschmähte Wasserwanze „Corixa“ (Gerlach). Gelegentlich machen sich auch räuberische Instinkte bemerkbar.
Laichzeit und Fortpflanzung
In den Monaten April bis Juni, manchmal auch später, werden nur etwa 1mm großen, klebrigen rötlichen Eier an flachen, stark bewachsenen Uferstellen unter starkem Plätschern an Wasserpflanzen abgelegt. Zahl der Eier: bis zu 200.000 Stück. Männchen mit Laichausschlag in Form einzelner weißer Knötchen auf Kopf und Rücken. Eintritt der Geschlechtsreife am Ende des dritten, manchmal schon des zweiten Lebensjahres. Je nach Temperatur des Wassers schlüpfen die Larven nach drei bis zehn Tagen. In den ersten Tagen halten sie sich mit Hilfe der am Kopf befindlichen Klebedrüsen an Wasserpflanzen fest.
Wachstum, Alter
Für die Rotfeder gibt Bauch Durchschnittszahlen aus achtundzwanzig norddeutschen Seen. Sie ergaben Wachstumsraten, die sich mit denen der Plötze vergleichen lassen. Im Ganzen scheint die Rotfeder etwas schneller zu wachsen. Die Fische waren im dritten Jahr 12 cm (Plötzen 9cm) lang, im fünften Jahr 16 cm (Plötzen 15cm) lang, im siebten Jahr 21 cm (Plötzen 19cm), im neunten 25 cm (23cm), im elften 27 cm (26cm), im dreizehnten 28 cm (29cm) lang. Die Rotfedern waren also jeweils ein bis drei Zentimeter länger; sie wurden nur einmal, im dreizehnten Lebensjahr, von den Plötzen überholt. Die maximale Länge der Rotfedern im Sakrower See (Berlin) lag im fünfzehnten Sommer bei 33,4 cm, Erheblich besser war das Wachstum der Rotfedern in einem Voralpsee. Sie übertrafen die norddeutschen Artgenossen im ersten Jahr um 1,7 cm, im dritten um 3,3 cm und schließlich im dreizehnten Jahr sogar um 8,3 cm. Trotzdem muss man auch diese Rotfedern langsamwüchsig nennen. Bei massenhaftem Vorkommen entwickeln sich wie bei der Plötze Kümmerformen. Die Endlänge wird meist mit 40 cm angegeben. Die Rotfeder kann ein Alter von 19 Jahren erreichen.
Biologische Besonderheiten
Da die Rotfeder zur gleichen Zeit wie andere Cypriniden laicht, ja sich bisweilen an deren Laichgeschäft beteiligt, sind Kreuzungen vor allem mit Rotaugen, Güstern und Lauben (Ukeleis) nicht selten. Man wird bei Rekordfischen daher sehr genau prüfen müssen, ob es sich wirklich um eine Rotfeder oder um einen Bastard handelt. Rotfedern sind gegenüber äußeren Einflüssen nicht sehr widerstandsfähig; auch sind sie für Verpilzungen und Wurmkrankheiten (Riemenwürmer) anfällig.
Fangzeiten
Abgesehen von der Laichzeit kann die Rotfeder während des ganzen Jahres gefangen werden. Besonders günstig sind die Monate nach der Laichzeit. Auch im Spätherbst und im Winter an milden Tagen gelingen manchmal noch gut Fänge. Weniger gut sind die Aussichten im frühen Frühjahr. Beste Voraussetzungen für den Erfolg sind warme Tage mit bedecktem Himmel, leichte Regenschauer ohne starke Abkühlung, eine schwache Brise, die die Oberfläche kräuselt. Aber auch bei Sonnenschein kann der Angler gute Beute machen, wenn er unsichtbar bleibt, sein Schatten oder der Schatten der Angelrute nicht ins Wasser fällt. Im Sommer sind die Aussichten am Abend besonders gut.
Fangmethoden, Geräte und Köder
Die Ausrüstung entspricht im Großen und Ganzen der des Plötzenanglers. Die häufig verwendete Floßangel unterscheidet sich nur darin, dass der Köder den Standplätzen der Rotfeder entsprechend, in den oberen Wasserschichten oder in der Nähe der Oberfläche angeboten wird. Dazu wird im allgemeinen ein kleines, leichtes Floß (Stachelschweinpose) genügen und eine schwache, auf den oberen Teil des Vorfaches, verteilte Beschwerung. Wenn weite Würfe notwendig sind, kann auch ein schlanker Federkiel mit aufgesetztem kleinem Kork zweckmäßig sein. Der Kork ist am besten weiß oder orangerot bemalt, der ins Wasser eintauchende Teil blaugrün. Das Floß wird am unteren Ende mit ein paar Windungen dünnen Bleidrahtes beschwert, das 0,18 bis 0,20mm starke Vorfach nur mit einem sehr kleinen, etwa 10 cm vom Haken entfernten Bleischrot. Diese Montierung ist fein und zugleich schwer genug, um weite Würfe zu ermöglichen. Sie bewirkt überdies, dass das Floß bei einem Anbiss sensibel reagiert. Mit Rücksicht auf die meist stark verkrauteten Angelstellen kann man das Zeug unbedenklich auch etwas stärker wählen. Wenn die Rotfeder auch nicht Vorfach- und weniger Posenscheu ist, so reagiert sie auf den Anblick des Anglers sehr schreckhaft. Deshalb sind weite Würfe meist Voraussetzung des Erfolges. Vergessen sollte man nicht, dass schwere Rotfedern oft in Grundnähe ihre Nahrung suchen. Als Köder kommen alle Rotaugenköder infrage, vor allem Maden, Insekten, Mehlwürmer, Heuschrecken, Sprock, Mist- und Laubwürmer, aber auch Brotflocken, Brotteig mit Käse vermengt, gequollene Weizenkörner. Die Haken sollen feindrähtig, federnd, scharf geschliffen und kurzschenklig sein. Perfekt- oder Kristallhaken der Größen 10 bis 14 (10 für Mais, 14 für Maden) sind für fast alle Köder geeignet. Anfüttern ist womöglich noch wichtiger als beim Rotaugenfischen. Einfach und wirkungsvoll ist das Einwerfen kleiner Brotstücke, die auf der Wasseroberfläche schwimmen. Anziehend wirkt auch die Wolke eines Pulverköders. Erprobt ist die von Marshall-Hardy empfohlene Anfütterung: Einige Haarnetze werden mit einem Stückchen trockenen Brotes gefüllt, zugebunden und an einer mit einem Stein beschwerten Schnur, die etwas länger ist als die Wassertiefe, in der Nähe von Schilfkanten oder Krautbetten in Abständen verankert. Die Netze schwimmen oben, das sich auflösende Brot lockt den Schwarm an. Diese Art des Anfütterns erfordert ein Boot, das überhaupt gute Dienste leistet und auf größeren Seen fast unentbehrlich ist. Beim Bootsfischen ist besondere Vorsicht geboten. Die vom fahrenden oder schaukelnden Boot ausgehenden Wellen verscheuchen die Rotfedern mit Sicherheit. Das Boot wird daher möglichst lautlos verankert oder an Binsen festgemacht.
Anhieb, Drill und Landung
Rotfedern greifen meist herzhaft zu. Je nach der Ausgewogenheit der Floßangel macht sich der Anbiss mehr oder weniger deutlich bemerkbar. Wenn mehrere Bleischrote in der Nähe des tief eingestellten Floßes angebracht sind, erkennt man einen vorsichtigen Anbiss manchmal überhaupt nicht – und das kann gerade ein schwerer Fisch sein! Man wird je nach Tiefe des Wassers bzw. der Einstellung der Pose so lange experimentieren müssen, bis man eine wirklich sensible, den Anbiss sofort anzeigende Ausbalancierung gefunden hat. Das dürfte zumeist bei der oben erwähnten, mit Bleidraht beschwerten Federkielpose mit aufgesetztem Kork der Fall sein. Das Floß taucht dann rasch weg, bei flacher Einstellung wird es manchmal auch an der Oberfläche hin und her gezogen. Der Anhieb ist ohne Zögern zu setzen, und zwar bei kurzer Leine durch einen Ruck aus dem Handgelenk, bei längerer Schnur nach vorherigem raschem Anheben des Armes. Der Anhieb soll, schon mit Rücksicht auf das feine Zeug, nie hart, sondern zart und gefühlvoll erfolgen. Das gilt auch für das Flugangeln.
Rekordgrößen
Die schwerste Rotfeder wog 6 Pfund 10 g. Das war allerdings 1989 !