Karpfen satt am Teltowkanal? -1988-

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Ein Bericht der „fischwaid“ aus dem Jahr 1988 (113. Jahrgang) über den Berliner Teltowkanal.
„Karpfen satt am Teltowkanal“?
Immer bekannter wird der Berliner Teltowkanal als Berlins wohl bestes Karpfengewässer. Berichte von „Dicken Brocken“ belegen, dass dort die Fischwaid auf den Karpfen kaum ohne Erfolg bleiben wird und so gehört der Teltowkanal zu Berlins meistbeangelten Gewässern.
Speziell die Ufer unterhalb der drei Wärmekraftwerke Rudow, Steglitz und Lichterfelde gelten als Geheimtipps, da dort das Kühlwasser nach erfolgtem Wärmeaustausch mit 27 Grad und angereichert mit Sauerstoff in den Kanal zurückgeleitet wird. Das liebt der Karpfen – und nicht nur er, denn die Wasserregionen rund um die Kraftwerke sind extrem reich an allen vorkommenden Fischarten.
Und da beginnt das Problem, denn welche Arten gehören denn überhaupt noch zu dem Bestand des Teltowkanals? Da gibt es, wie schon erwähnt, reichlich Karpfen, daneben Brassen, Güstern, Rotaugen, Karauschen, Schleien, Aale, Barsche und Ukeleis. Auch der Kaulbarsch ist, nicht immer zur Freude des Anglers, relativ häufig. Schon seltener kommt der Gründling, der Aland und hin und wieder ein Rapfen vor. Auch Hecht, Zander und Wels soll der Teltowkanal beherbergen, der Fang wäre aber sicher eine Glückssache und das Ansitzen speziell auf diese Arten würde milde belächelt werden.
So war es aber nicht immer!
Allein in den letzten 20-25 Jahren sind sieben Fischarten aus dem Teltowkanal völlig verschwunden, sieben Arten gelten als so gut wie ausgerottet und weitere sieben Arten sind in ihrem Bestand so stark gefährdet, dass die Befürchtung naheliegt, den Teltowkanal in absehbarer Zukunft nur noch von Brassen, Güstern und eventuell Karpfen bewohnt zu finden, denen die Belastung des Gewässers durch anliegende Industriebetriebe nicht ganz so empfindlich mitspielt wie den anderen Spezies.
Auf 22 (West)berliner Kanalkilometer verteilt, blubbern und sickern aus etwa 350 Einleitungen von Industrie und Gewerbe so viel Gifte, Öle und Schwermetalle von nicht erfassbarer Vielfältigkeit in den Lebensraum der Fische, dass man mit Erstaunen zur Kenntnis nimmt, das hier überhaupt noch Leben existiert.
So warnt dann auch Prof. Udo Wiesmann von der TU Berlin (Arbeitsgebiet Abwasserreinigung und Brauchwasseraufbereitung) ausdrücklich vor dem Verzehr der gefangenen Fische und rät, diese mindestens vier Wochen in sauberem Wasser schwimmen zu lassen, um zumindest den Geschmack zu neutralisieren. Für die Unbedenklichkeit des Fanges kann jedoch auch dann keine Gewähr geleistet werden, denn toxische Gifte lagern sich nach Auskunft von Prof. Wiemann im Gewebe der Fische ab und belasten diese schwer.
Abschließend ist – ein Hoffnungsschimmer – zu bemerken, dass die Regenerierung des Teltowkanals zusammen mit der DDR (12 km Teltowkanal durchfließen die DDR) langfristig in Angriff genommen werden soll. Die Maßnahme ist allerdings nicht zur Rettung des Kanals selber geplant, sondern soll der Gesundung der von ihm gespeisten Seen in Ost und West dienen. Völlig säubern wird man den Teltowkanal nicht mehr können, aber die Wasserbelastung auf Werte von 1970 zu senken, wird angestrebt.
Irmgard Freund

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