Karpfenfische -1962 –

„Karpfenfische“ -1962-
Beginnen wir bei der artenreichsten Familie, den Cypriniden (Karpfenfische).
Sie erhielt ihren Namen von ihrem auch in Deutschland wichtigstem Vertreter, dem Karpfen (Cyprinius carpio L.).
Seine Bedeutung ist für die Wirtschaft und den Sport gleichermaßen groß. Stellt er einerseits den wichtigsten Speisefisch unserer Teichwirtschaften dar, so bedeutet es für den Sportangler eines der aufregendsten Erlebnisse, einen Großkarpfen zu drillen, ebenso wie es überdurchschnittliches Können vom Angler erfordert, bessere Karpfen öfter als gelegentlich überhaupt erst einmal zum Anbiß zu bewegen.
Der Karpfen ist derjenige Fisch, welcher am meisten menschlichen Einflüssen unterliegt, den man beinahe mit einem „Haustier“ vergleichen könnte, weil Wuchs, Gewicht, Beschuppungsform usw. durch systematische Zucht den Wünschen des Menschen entsprechen verändert wurden. Selbstverständlich gibt es aber auch genügend andere Faktoren, die den Vergleich mit einem Haustier nicht rechtfertigen, der nur die Sonderstellung, die der Karpfen einnimmt, verdeutlichen sollte.
Im Wesentlichen unterscheiden wir drei (auch vier) Formen des Karpfens, die sich durch ihr Schuppenbild voneinander unterscheiden.
Der Schuppenkarpfen: Voll beschuppt, oft für die Stammform des Karpfens gehalten. Dies entspricht aber nicht ganz und ausschließlich den Tatsachen, es gibt auch Schuppenkarpfen-Zuchtstämme, z.B. in den ungarischen Teichwirtschaften.
Der Spiegelkarpfen: Unregelmäßig stehende große „Spiegelschuppen“, vor allem hinter den Kiemen, unter der Rückenflosse, am Schwanzstiel.
Der Lederkarpfen: Beinahe ganz unbeschuppt, allenfalls vereinzelte große oder kleine Schuppen. Ist nicht rein zu züchten, gilt aber doch als eigene Form.
Der Zeilkarpfen: wird auch als Sonderform angesehen, unterscheidet sich vom Spiegelkarpfen eigentlich nur dadurch, dass seine großen Spiegelschuppen in einer oder mehreren „Zeilen“ stehen. Da er ebenfalls nicht rein zu züchten ist, wird er oft nicht als besondere Form anerkannt.
Außerdem gibt es noch eine ganze Anzahl mehr oder minder unterschiedlicher Zuchtrassen. Meisten weniger unterschiedlich, da sich die Züchter oft bei den einzelnen Exemplaren selbst nicht darüber einigen können, zu welcher Rasse ihre Merkmale hin tendieren. Vor allem sind die Böhmischen, die Lausitzer und die Galizischen Karpfen bekannt.
Den Angler interessieren Unterschiede im Allgemeinen wenig. Ihm sei nur gesagt, dass es eigentliche Wildkarpfen in Deutschland nicht gibt. Auch die in Flüssen und Strömen vorkommenden Großkarpfen sind meist durch irgendwelche beabsichtigten oder unbeabsichtigten Besatzmaßnahmen (Hochwasser, die Zuchtteiche erfassten usw.) in das Gewässer gelangt. Dennoch gibt es Merkmale, die einen „verwilderten“ Fisch vom Zuchtkarpfen des Teiches unterscheiden. Am wichtigsten scheint die immer stärkere Annäherung zur ursprünglichen Spindelform, während sehr hochrückige Exemplare meist unmittelbare Zuchteinflüsse verraten. Übrigens wird auch dieses Kennzeichen nicht selten als irrig bestritten. Meine eigenen Erfahrungen und die vieler Sportfreunde besagen jedoch eindeutig, dass spindelförmige Exemplare einen wesentlich schärferen und länger andauernden Kampf liefern als die hochrückigen; und das scheint für die Annahme zu sprechen, dass die „runden“ Stücke sich der „Wildform“ stärker angenähert haben als die „brachsenförmigen“.
Die Nahrung besteht im wesentlichen aus Kleintieren der Ufer- und Bodenregion. Künstliche Fütterung erfolgt mit allen möglichen Stoffen, z.B. Lupinen, Mais, Sojaschrot. Sehr große Exemplare fressen auch gelegentlich oder regelmäßig kleine Fische. Mancher Angler hat es schon staunend erlebt, dass ein Karpfen auf den Köderfisch oder Blinker regelrecht biss.
Die Fortpflanzung erfolgt in unseren Breiten leider nicht regelmäßig jedes Jahr. Es muss besonders warm sein, wenn der Karpfen während der Monate Mai und Juni (manchmal noch im Juli) seinen Laich an günstigen, flachen, warmgründigen Stellen ablegen soll. Die Eizahl schwankt zwischen mehr als 100.000 bis über 500.000. Die Brut schlüpfte binnen einer Woche, oft schon nach 3 bis 4 Tagen. Laichablage bedeutet in unseren Breiten aber nicht immer das Schlüpfen der Brut.
Verbreitung: Wir finden den Karpfen eigentlich in aller Welt. Seine eigentliche Heimat ist jedoch Osteuropa und Mittelasien, deren gemäßigte Zonen er bewohnt (Donau- und Wolgadelta). Über sein Höchstgewicht werden die fabelhaftesten Angaben gemacht. Sicher ist, dass er regelmäßig mehr als 15 kg erreicht. Stücke von über 20 kg werden aber nur ganz selten gefangen.
Als Angelmethode kommt überwiegend die Grundangelei in Betracht. Als Köder dienen Kartoffeln, Tauwürmer, Klöße, Teig, Lebkuchen, auch einmal Bohnen, gelegentlich Krebsfleisch. Ab und zu wird der Karpfen auch an der Treib- oder Tippangel gefangen, von der er sowohl Insekten, wie auch Brotstückchen nimmt.
Ein mit kleinen Exemplaren des Schuppenkarpfens von unkundigen Sportanglern gelegentlich verwechselter Fisch ist die Karausche. Gelegentlich kommen auch Bastardierungen mit dem Karpfen vor, weswegen sie der Züchter aus Karpfenteichen möglichst entfernt. Kennzeichen, Wachstum und Verbreitung unterscheiden die Karausche jedoch eindeutig vom Karpfen. Es gibt 2 Karauschenarten. Die zweite ist der Giebel, der als Sportfisch aber noch geringere Bedeutung besitzt als die Karausche. Bastarde zwischen Karpfen und Karausche sind meist daran vom Karpfen zu unterscheiden, dass sie nur ein Paar Barteln besitzen (Karpfen 2 Paar, Karausche keine). Karauschen besitzen fast immer auf dem Schwanzstiel einen schwarzen Fleck (Giebel fast nie).
Die Karausche ist infolge ihrer Anspruchslosigkeit sehr weit verbreitet. Da sie nur ganz geringe Mengen Sauerstoff benötigt, findet man sie (meist in Kümmerformen mit weniger als 100g Gewicht) auch in kleinsten und verschlammten Dorftümpeln. Sie ernährt sich von Kleintieren und Pflanzen. Sehr große Stücke sollen angeblich auch kleine Fische nehmen. Ihr Gewicht erreicht wohl mit 1 kg die Höchstgrenze; meistens werden Fische von ½ kg schon (mit Recht) als gut angesehen. Ihre Laichzeit liegt in den Monaten Mai und Juni. Mehr als 100.000 (300.000) Eier werden an Pflanzen abgelegt. Als Sportfisch ist die Karausche nicht gerade reizvoll; sie liefert keinen besonderen Drill. Es ist aber oft nicht einfach, bessere Fische zum Anbiß zu bewegen. Leichte bis mittlere Grundangel, als Köder kleiner Wurm (angeblich auch Erbse) ist wohl am besten. Ihr Fleisch ist sehr wohlschmeckend. „Karausche mit Maibutter“ wird von Kennern sehr geschätzt. Fische, die aus sehr schlammigen Gewässern kommen (das gilt für alle Arten, nicht nur für die Karausche) sollten einige Tage lebend in klarem, oft gewechseltem Wasser gehältert werden. Fast immer verlieren sie dann den unangenehmen Moorgeschmack.
„Handbuch des Angelsports“, Wolfgang Zeiske -1962-

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