Fische und Fischfang – Sprichwörtlich –

Fische und Fischfang – Sprichwörtlich –
Fische begegnen uns nicht nur beim Angeln, sondern fast überall im Leben. Wir finden sie abgebildet auf Briefmarken, Münzen, Medaillen, Streichholzschachteln, Feuerzeugen, Abzeichen, Gläsern, Tellern, Keramiken, Broschen, Uhranhängern und Manschettenknöpfen, auf Bildern, Wirtshausschildern und Wappen. Welche Möglichkeiten für von der Sammelleidenschaft besessene Petri-Jünger! Wir erkennen die Fische aber auch als Sternzeichen am nächtlichen Himmel. Sie begegnen uns nicht zuletzt in zahllosen Büchern und in unserer täglichen Umgangssprache. Die enge Verbundenheit von uns Menschen mit den Fischen hat im Laufe der Zeiten auch unsere Umgangssprache mit geprägt und beeinflusst. Gemeint ist hier nicht das berüchtigte „Anglerlatein“, das wir so perfekt wie keine andere Sprache beherrschen. Denken wir vielmehr einmal an die zahllosen Begriffe, sprichwörtlichen Redensarten und Sprüche, die – wortwörtlich genommen – Fische oder Fischfang zum Inhalt haben, von denen sich aber nicht wenige – im übertragenen Sinn – trefflich auf unser menschliches Leben beziehen. Sie sprechen von Fischen oder vom Fischfang, aber sie zielen auf den Menschen, seine Gewohnheiten, Stärken oder Schwächen, Tugenden oder Laster, auf Menschliches, Allzu-menschliches.
Wir wollen im folgenden aus der Fülle nur einige Begriffe, sprichwörtliche Redensarten und Sprüche herausfischen. Woher sie stammen, wie sie entstanden sind, soll uns dabei nicht interessieren. Oft sind sie so bekannt, dass keine Erklärung notwendig ist.
Keinen Fisch man ohne Gräten find´t, ohne Mängel die Leut´nicht sind.
So beginnen wir unseren Fischzug mit den Fischen ganz allgemein. Menschen leben wie die Fische: die Großen fressen die Kleinen. Kleine Fische können keine großen fressen. Große Fische sind nicht stets die Besten. Besser ein kleiner Fisch als nichts auf dem Tisch. Fisch und Gast, nach drei Tagen stinken sie fast. Dem Fisch in die Kiemen sehen, sagen wir, wenn wir etwas näher untersuchen wollen. Mancher Mensch ist weder Fisch noch Fleisch, nicht kalt noch warm, mancher hat Fischblut in den Adern. Je mehr Fisch, desto trüber das Wasser – großer Besitz trübt den Verstand. Gesund oder muntere wie ein Fisch im Wasser, dieser Vergleich kann heute nur noch dort gelten, wo es noch saubere Gewässer gibt. Den Fisch schwimmen lehren, bedeutet so viel wie einem Meister Unterricht geben wollen. Wer eigennützig schenkt, gibt einen kleinen Fisch, um einen großen zu bekommen. Wer die Fische im Wasser singen hört, leidet an törichter Einbildung. Als faule Fische bezeichnet der Volksmund betrügerische Handlungen. Verschwiegen wie ein Fisch sind nur wenige. Zur Begründung ihres Durstes schließlich benutzen Angler oft die Redensart: der Fisch will schwimmen.
Der Hecht lehrt uns wie man hechtet, wie man einen Hechtsprung macht. Der Hecht im Karpfenteich ist der große Unruhestifter, als tollen Hecht bezeichnen wir einen Draufgänger. Auch ein toter Hecht hat noch Zähne. Hechte werden von kleinen Fischen groß, Hechte spielen nicht mit kleinen Fischen. Bekannt ist schließlich der Hecht noch als Bezeichnung für beißenden Rauch, die Hechtsuppe als schlechtes Wetter. Es zieht wie Hechtsuppe.
Fischen gehen, Vogel stellen verderbt machen guten Gesellen. Mit die beliebtesten Objekte des oft spöttischen Volksmundes sind wir Angler selbst und unser – für Uneingeweihte – närrisches Treiben, der Fischfang. Hierfür nur ein paar Beispiele.
Fischen und Jagen sind Weiberplagen, Fischen und Jagen machen leeren Magen. Wer mit der Angel fischt, verzehrt mehr als er fängt. Ein Fischer mit der Angel hat wenig Brot und häufig Mangel. Was der Fischer gewinnt an Fisch, das versäuft er wieder beim Tisch. Von unseren lieben Mitmenschen werden wir Angler meist als Narren, selten als Philosophen eingestuft. Angeln ist aber die einzige Philosophie, von der man satt wird. Hoffen und harren, tun Angler und Narren. Allgemein bekannt ist auch, was man unter einer Angel versteht: eine Schnur mit einem Haken an dem einen und einem Narren an dem anderen Ende.
Der Fischfang selbst bietet dem Volksmund nicht wenige Beispiele für Menschliches, Allzumenschliches. Fische fängt man mit Angeln, Leute mit Worten. Mit dem Netz fängt man Fische, mit Geld Menschen. Wer mit einer goldenen Angel fischt, fängt was er will. Der Fisch sieht den Köder, aber nicht den Haken. Fische, die an jeden Köder gehen, werden bald gefangen. Der Fisch hat angebissen, geht ins Netz, wir haben ihn an der Angel – unsere List ist gelungen. Mancher fischt im Trüben, auf dem Trockenen, hinter dem Netz, mancher wird vom eigenen Netz gefangen.
Fische gleichen den Menschen, Menschen gleichen den Fischen. Wenn es auch noch keine Kiemenatmer unter uns gibt, grätig sind wir mitunter schon. Wer genau hinhört, kann sich selbst und das Verhalten seiner Mitmenschen in den sprichwörtlichen Redensarten über Fische oder Fischfang recht gut erkennen.
Quelle: BLINKER-Schmunzel-Bibliothek – Heinrich Ruhl 1982 –

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