Sind Fische Neugierig?

Eigentlich kann man diese Frage mit JA beantworten.

Aus reiner Neugierde untersuchen sie alle möglichen und unmöglichen Dinge, vom Gewässergrund bis zu sonderbaren Sachen, die mitten im Wasser schweben oder an der Oberfläche treiben. Die meisten Fische, einschließlich Karpfen, kopieren die Aktionen der anderen, was oft so erscheint, als würde einer dem anderen alles nachmachen. Das ist allerdings für den Angler nutzbringend, da ein Karpfen die anderen oft zum Futter führt. Karpfen verlassen sich sehr hierauf und lassen oft andere Fische im Schwarm die vermeintliche Futterquelle erst testen, bevor sie diese als sicher betrachten. Gewöhnlich ist es so, dass je mehr Mitglieder eines Schwarms dort fressen, sich diese Gruppe von Fischen umso sicherer fühlt. Wenn der Karpfen vertrauensvoll an einem Angelköder frisst und genug frei Köder ins Wasser gegeben wurden, ist die Situation aus Sicht des Anglers fast ideal. Was da geschaffen wurde, vielleicht ohne es zu merken, ist eine Situation der Fresssicherheit. Alle wilden Tiere neigen dazu, ihre instinktiven Schutzreaktionen ein wenig zu verlieren, wenn sie eine ergiebige und leicht erreichbare Futterstelle gefunden haben.

Was der Angler versuchen muss, ist effektiv zu fischen, damit sogar die einzelnen größeren Exemplare – wenn sie gerade unachtsam sind – gefangen werden können. Schließlich brauchen sie mehr Futter zum leben und sie sind auch vielleicht gefräßigeren Fische.

Wenn wir jetzt annehmen, dass Karpfen, entweder in Gruppen oder alleine, zum Fressen von unbekannten Futtermitteln verführt werden können, muss jetzt eine Frage gestellt werden: Welche Art von Futter oder Köder wird sie am meisten interessieren? Diese Frage wirft zahlreiche Probleme auf, denn auch hier gibt es wieder viele Faktoren, die in Erwägung gezogen werden müssen. Neben den ersichtlichen Problemen wie gute Präsentationen, Lokalisierung von Fischen usw., muss ein Köder gefunden werden, den Karpfen mögen.

Durch „Catch & Release“ ist es dem primitiven Karpfengehirn offensichtlich Lehre genug, um ungewöhnlichen Futtermitteln und Angelschnur gegenüber misstrauisch zu sein. Wir können vielleicht mit dieser Theorie noch ein bisschen weiter gehen und Vergleiche, mit den Forellen anstellen, die gezüchtet und auf eine fängige oder essbare Größe gefüttert werden. Wenn diese dann in Seen entlassen werden, müssen sie ganz alleine für sich sorgen, ohne jegliche Erfahrung mit Angelködern. Obwohl sie unter künstlichen Bedingungen geboren wurden, sind sie im Grunde trotzdem wilde Fische, und werden, wenn sie gefangen sind, zum Essen getötet. Einige dieser Forellen werden gehakt werden und verloren gehen, oder in anderer Weise lernen, sich vor Angelködern in acht zu nehmen. Es sind diese Einzelexemplare, die dann so schwierig zu fangen sind.

Immer wieder gibt es eine Vielzahl von Berichten, nach denen jedes Jahr Karpfen mit Köderfischen gefangen wurden. Hier haben aber Karpfen einen Köder genommen, der für eine ganz andere Fischart bestimmt war. Neben bestätigten Aufzeichnungen über Karpfen, die mit Köderfischen  gefangen wurden, haben wir solch einen Fall im Dezember 1977 miterlebt. Der Fisch, ein 18pfündiger Spiegelkarpfen, war makellos im Maul gehakt und hatte auf eine Sprotte an einem Stahlvorfach, das von einem Hechtangler präsentiert worden war, gebissen. Diese außergewöhnlichen Fälle werden einige eifrige Karpfenangler dazu bringen, zumindest über den Gebrauch von Fischködern nachzudenken.

Bei allen natürlichen Ködern entsteht das gleiche Problem der Präsentation. Wenn wir einem Karpfen Futter präsentieren, das ihm bekannt ist, schaffen wir sofort Misstrauen, da der Karpfen weiß, wie sich die natürlichen und ihm geläufigen Dinge um ihn herum verhalten. Alle Lebewesen sind zu bestimmten Zeiten besonders neugierig. Der Karpfen ist keine Ausnahme und wird von Zeit zu Zeit ungewöhnliche oder neue Dinge in sein Maul nehmen. Dies ist die beste Art wie ein Fisch lernen kann, sich an seine, sich immer wieder veränderte Umgebung zu gewöhnen. Er ist immer auf der Suche nach Futter und versteht es schnell, aus neuen Quellen Kapital zu schlagen. Es lässt sich schwer sagen, wann das erste ernsthafte Experiment über Karpfenköder stattgefunden haben. Mit Sicherheit waren die Chinesen unter den ersten, die Karpfen gezüchtet haben und daraus lässt sich entnehmen, dass sie wahrscheinlich auch die ersten waren, die sich darüber Gedanken gemacht haben, was ein Karpfen mögen könnte, oder wozu man ihn bewegen könnte, es zu fressen.

Es ist überliefert, dass die Karpfen im 14. und 15. Jahrhundert durch Mönche z.B. auch auf die Britischen Inseln kamen. Da sie genügsam waren, lernten die Mönche schnell, nahegelegene Tümpel und Teiche mit Karpfen zu besetzen. Die Fische brauchten nur wenig äußere Hilfe zum Überleben und konnten dann leicht gefangen und gegessen werden. Sie hatten damit nur wenig Arbeit, aber immer einen konstanten Nachschub an frischer nahrhafter Kost. Vielleicht waren es dann auch die Mönche, die als erste über einen Weg nachdachten, wie man die Fische füttern und auf einfache Art wieder fangen könnte. Vielleicht hatte man beobachtet, wie ein Stückchen Brot, vielleicht zufällig ins Wasser geworfen, von einem vorbeischwimmenden Karpfen gefressen wurde, und die ganze Geschichte fing an.

Auszüge z.T. aus: „CARP FEVER“  von Kevin Maddocks

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