Aischgründer Karpfen

„ Aischgründer Karpfen“

Erfüllter frommer Wunsch: der kreisrunde Karpfen

Ein Bamberger Bischof, so weiß die fromme Sage zu berichten, habe eines Tages den Wunsch geäußert, er wolle zwar einerseits das Fastengebot erfüllen und keinen Karpfen zu sich nehmen, der über den Tellerrand hinausrage, andererseits sein körperliches Verlangen nicht ganz unterdrücken, kurz: er wünsche sich einen Fisch, der ihm den Teller fülle.

Zuchtergebnis dieses frommen Begehrens: der wegen seiner Hochrückigkeit charakteristische Aischgründer Karpfen. Ähnliches wird aus dem Aischtal auch berichtet, aus den Klöstern Münchenstein, Birkenfeld und Riedfeld. Als unmäßig galt bei den Mönchen und Nonnen die allzu üppige Fastenspeise. Um innerhalb der schicklichen Grenzen zu bleiben, dem Leib zu geben, was der Leib begehre, vervollkommneten klerikale Seemeister die Schöpfung und schufen den sich der Kreisform nähernden Fisch: den Tellerkarpfen.

Gewiss, solche Histörchen sind erfunden, Ergebnis von Pfaffenhass und Unverständnis monastischer Lebensweise. Und die Wissenschaft weiß es besser: hochrückig sind die Aischgründer, weil sie in Deutschlands wärmsten Weihern wachsen: in die Höhe vor allem, nicht in die Länge.

 

Aus: „Karpfenschwatz“ von Wolfgang Mück

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